Expertinneninterview mit Dr. Bandholz
Telemedizin: Wie kann sie die Neurodermitis-Behandlung verbessern?
Grundlagen der Telemedizin in der Dermatologie
Was ist Teledermatologie und wie unterscheidet sie sich von traditionellen dermatologischen Behandlungen?
Die Teledermatologie ist ein Teilbereich der Telemedizin, mit der die Anwendung digitaler Technologien zum Austausch medizinischer Informationen über eine räumliche oder auch zeitliche Distanz bezeichnet wird. Die Teledermatologie umfasst hier speziell den Bereich, der sich mit der Behandlung der Krankheiten der Haut und angrenzenden Schleimhäute beschäftigt, aber Ärzt*in und Patient*in sind beispielsweise räumlich (z.B. synchrone Video-Sprechstunde) und ggfs. auch zeitlich getrennt oder kommunizieren „asynchron“ oder auch „Store and Forward“ genannt, beispielsweise via Messenger, Plattform oder per E-Mail.
Welche Voraussetzungen müssen Patient*innen mitbringen, um sich teledermatologisch behandeln zu lassen?
Zunächst einmal muss vor der Vereinbarung bzw. Nutzung telemedizinischer Angebote eine Aufklärung der Patient*innen erfolgen. Hier ist eine schriftliche Einverständniserklärung über den Nutzen sowie die Grenzen und Risiken der teledermatologischen Behandlung zu empfehlen. Dies geschieht entweder in der Praxis oder über das genutzte telemedizinische Portal (z.B. eine App). Weitere Voraussetzungen betreffen die eingesetzte Technik. Auflösung und Farbechtheit der angefertigten Bilder müssen vereinfacht gesagt dem aktuellen technischen Marktstandard entsprechen. Glücklicherweise bieten die allermeisten Kameras von Smartphones und Tablets diese notwendige Qualität.
Was sollten Patient*innen im Vorfeld eines teledermatologischen Termins vorbereiten?
Sehr wichtig für eine gute Bildqualität ist eine ausreichende Beleuchtung. Darauf sollten die Patient*innen unbedingt achten.
Telemedizin in der Dermatologie nutzen
Ist die Teledermatologie für alle Patient*innen zugänglich oder gibt es Einschränkungen?
Veränderungen der Haut und Hautkrankheiten bieten aufgrund ihrer Sichtbarkeit besonders günstige Voraussetzungen für eine teledermatologische Versorgung, deshalb ist grundsätzlich der Zugang zur Teledermatologie für alle Patient*innen möglich, sofern sie Zugriff auf entsprechende Technik haben und diese auch bedienen können. Wenn alle administrativen und apparativ-technischen Voraussetzungen erfüllt sind, ist es dann im Einzelfall entscheidend, ob beispielsweise die Art der Erkrankung gut für eine teledermatologische Beurteilung geeignet ist, weil nicht alle Dermatosen rein visuell abzuklären sind. Nicht selten spielen auch andere haptische Eindrücke eine wichtige Rolle, die mit einer einfachen Fotographie nicht einzufangen sind (z.B. Tastbefund, Geruch, aber auch Abstriche oder andere Proben).
Wie können Patient*innen einen teledermatologischen Termin vereinbaren und welche Kosten sind damit verbunden?
Hier gibt es keine einheitliche Antwort. Auf dem Markt stehen verschiedene Anbieter zur Verfügung, die z.T. auch Verträge mit Krankenkassen haben, sodass die Kosten von der GKV übernommen werden. Hier ist es sinnvoll, dass sich Patient*innen bei der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt informieren, ob und mit welchem Anbieter eine telemedizinische Konsultation angeboten wird.
Viele Patient*innen haben einen weiten Anfahrtsweg zu ihrer Dermatologin bzw. zu ihrem Dermatologen. Ist eine rein teledermatologische Versorgung ratsam?
Ob eine rein teledermatologische Versorgung im Individualfall ausreichend ist, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern muss immer von Fall zu Fall entschieden werden. Wir sehen einen großen Vorteil der Teledermatologie bei der Verlaufskontrolle bekannter Patient*innen, die sich dann beispielsweise lange Anfahrtswege oder Dienstausfall ersparen, wenn es nur um eine Kontrolluntersuchung zur Überprüfung des Therapieerfolges geht. Oft eignet sich auch eine teledermatologische Beurteilung gut für die Ersteinschätzung der Dringlichkeit einer Erkrankung und damit besserer Planung oder Priorisierung von Terminen.
Ablauf und Vorteile der Telemedizin
Wie läuft eine typische Teledermatologie-Sitzung für Patient*innen mit Neurodermitis ab?
Die Teledermatologie eignet sich für Patient*innen mit NeurodermitisChronisch oder chronisch-wiederkehrende entzündliche Hauterkrankung, die in Schüben verläuft und sich durch Rötungen und Juckreiz äußert. gut zur Verlaufskontrolle einer eingeleiteten Therapie. Meist legen Ärzt*in und Patient*in beim Besuch in der Praxis fest, welche Stellen an der Haut im Verlauf telemedizinisch kontrolliert werden sollen. Dabei wird beachtet, dass sie für den/die Patient*in gut vor der Kamera präsentiert werden können und für den Therapieverlauf aussagekräftig sind.
Wir unterscheiden grundsätzlich bei telemedizinischen Konsultationen zwischen synchron und asynchron. Also, ob Ärzt*in und Patient*in zu einer vereinbarten Zeit digital miteinander kommunizieren, z.B. in einer Videosprechstunde, oder ob der/die Patient*in Bilder sendet, die von der Ärztin oder dem Arzt zu einem späteren Zeitpunkt angesehen und beurteilt werden. Letzteres geschieht in einem festgelegten Zeitrahmen, sodass die Patient*innen verlässlich und zeitnah mit einer Antwort rechnen können.
In der Videosprechstunde haben Ärzt*in und Patient*in dann im Gespräch die Möglichkeit, wie beim Besuch in der Praxis, alle Fragen zum Therapieverlauf zu klären. In der asynchronen Variante sendet der/die Patient*in Bilder der vereinbarten Läsionen und kann entweder in freier Form vom Verlauf der Erkrankung oder aktuellen Beschwerden berichten. Häufig werden auch Fragebögen oder Chat-Bots verwendet, die ganz gezielt die entscheidenden Punkte zur AnamneseErfassung der Krankengeschichte der Patientin bzw. des Patienten durch die Ärztin oder den Arzt. der Erkrankung oder Messung des Therapieerfolges abfragen.
Welche Vorteile bietet die Teledermatologie im Vergleich zu herkömmlichen Ärzt*innbesuchen für Betroffene mit Neurodermitis?
Insbesondere bei asynchronen Rahmenbedingungen liegt der Vorteil in der zeitlichen Flexibilität. Denn die Betroffenen können im Grunde zu jeder Tages-und Nachtzeit ihre Anfrage oder Verlaufsbilder senden. Das wissen viele Patient*innen sehr zu schätzen, denn Zeit ist ja für alle ein hohes und rares Gut. Zudem entfallen Anfahrtswege, Zeitpuffer für Parkplatzsuche und Anmeldung oder Wartezeit in der Praxis.
Hat die Teledermatologie Grenzen? Ist es in bestimmten Situationen für Betroffene mit Neurodermitis ratsam, in eine Praxis zu gehen?
Wir wissen aus verschiedenen Studien, dass die begleitende teledermatologische Versorgung von Patient*innen, insbesondere die Verlaufskontrollen über Fotos und Videos, einen Nutzen bringen. Besonders die Kontrolle einer eingeleiteten Therapie und auch die Beratung und Begleitung der Patient*innen im Verlauf gelingt teledermatologisch gut. Ein Erstkontakt zwischen Ärzt*in und Patient*in sowie die Gesamtbeurteilung und Therapieeinstellung muss aber vor Ort in einer Praxis stattfinden.
Datenschutz
Wie wird die Sicherheit und Vertraulichkeit von Patient*innendaten in der Teledermatologie gewährleistet, insbesondere im Hinblick auf die Sensibilität von medizinischen Informationen?
Die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgehaltenen Pflichten der Ärzt*innen zur Aufklärung, Dokumentation und Schweigepflicht gelten selbstverständlich auch im Rahmen der Fernbehandlung mittels Telemedizin. Um Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung via Video behandeln und darüber abrechnen zu können, müssen Ärzt*innen einen Videodienstleister nutzen, der grundsätzlich eine Zertifizierung nach MPG RK IIa haben muss. Dabei gehen die Anforderungen für den Video-Stream bezüglich Datenschutz und Datensicherheit in der sogenannten Anlage 31b des Bundesmantelvertrags der Ärzt*innen über die Anforderungen in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hinaus. Beispielsweise sind darin Werbung und die Weitergabe von Daten an Dritte untersagt.
Tipps für Betroffene
Haben Sie Tipps für Betroffene, die eine teledermatologische Behandlung erwägen?
Patient*innen, die bereits in dermatologischer Behandlung sind, sollten über die Möglichkeit einer teledermatologischen Betreuung mit ihrem Hautarzt oder ihrer Hautärztin sprechen. Über die Website des BVDD erhalten Patient*innen ebenfalls Information zur Teledermatologie. Wenn Sie teledermatologische Anbieter selber aussuchen, achten Sie darauf, dass immer eine Anbindung an eine real bestehende Praxis möglich ist, damit auch für den Fall gesorgt ist, wenn das Problem nicht teledermatologisch gelöst werden kann. Je nach Befund erfolgt dann eine Einschätzung der Dringlichkeit und ggf. weitere Terminplanung sowie eine Behandlung in einer wohnortnahen Praxis.